04/04/2024

Die Europäische Kommission hat am 27. März 2024 ein Hochschulpaket vorgelegt. Das Paket enthält eine Mitteilung über ein Konzept für einen europäischen Hochschulabschluss und zwei Vorschläge für Ratsempfehlungen zu einem europäischen Qualitätssicherungs- und Anerkennungssystem sowie zu attraktiven und nachhaltigen Laufbahnen in der Hochschulbildung. Das Paket zielt darauf ab, die transnationale Zusammenarbeit zwischen den Hochschulinstitutionen zu stärken. Gemeinsame Studiengänge sollen dadurch erleichtert und beschleunigt werden.

Mitteilung über ein Konzept für einen europäischen Hochschulabschluss

  • Die Mitteilung schlägt konkrete Schritte vor, um einen zusätzlichen europäischen Abschluss von mehreren europäischen Hochschulen zu schaffen, der auf gemeinsamen arbeitsmarktrelevanten Programmen beruht. 
  • Dabei handelt es sich um eine neue Art von Abschluss, der im Rahmen gemeinsamer transnationaler Bachelor-, Master- oder Promotionsstudiengänge verliehen werden soll. 
  • Der Abschluss soll somit Lernergebnisse bescheinigen, die im Rahmen einer transnationalen Zusammenarbeit zwischen mehreren Einrichtungen, etwa europäischer Hochschulallianzen, erzielt wurden. 
  • Er soll überall in der EU automatisch anerkannt werden und auf gemeinsam vereinbarten europäischen Kriterien beruhen. 
  • Diese Kriterien (s. Annex II der Ratsempfehlung COM(2024) 147) wurden bereits 2022 gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und dem Hochschulsektor entwickelt.
  • Der Abschluss soll gemeinsam und auf freiwilliger Basis von ausgewählten europäischen Universitäten vergeben werden. 
  • Er muss entsprechend in die jeweils nationale Gesetzgebung verankert und durch die nationalen Qualifikationsrahmen unterstützt werden.
  • Die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten mit Blick auf die institutionelle Autonomie sowie die akademische Freiheit soll dabei vollständig gewahrt werden.

Die Kommission schlägt den Mitgliedstaaten zwei mögliche Einstiegspunkte vor, um schrittweise einen europäischen Abschluss zu realisieren:

  1. durch ein vorbereitendes europäisches Gütesiegel: ein „European Degree Label“ für gemeinsame Studiengänge, die die europäischen Kriterien erfüllen. Die für die Akkreditierung und/oder Qualitätssicherung von Hochschulprogrammen zuständigen Behörden (selbstakkreditierende Hochschulen, Akkreditierungsagenturen, Qualitätssicherungsagenturen) können ein europäisches Siegel erhalten. Die Studierenden erhalten zusammen mit ihrem gemeinsamen Abschluss eine Bescheinigung über das europäische Gütesiegel.
  2. durch einen europäischen Abschluss: eine neue Art der Qualifizierung, die entweder von mehreren Universitäten aus verschiedenen Ländern gemeinsam oder möglicherweise von einer von diesen Universitäten gegründeten europäischen Rechtsperson verliehen wird. Die Studierenden erhalten einen "europäischen Abschluss". Wie jeder Abschluss würde auch der europäische Abschluss von den zuständigen nationalen Behörden gemäß den nationalen Rechtsvorschriften und den nationalen Qualifikationsrahmen akkreditiert werden.

Die Kommission plant für das Jahr 2025 u. a. folgende Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten und den Hochschulsektor bei der Umsetzung unterstützen sollen:

  • ein "European Degree Policy Lab" soll detaillierte Leitlinien und Aktionspläne für die Einführung eines europäischen Abschlusses mit Expertinnen und Experten aus den Mitgliedstaaten, Hochschuleinrichtungen, Qualitätssicherungs- und Akkreditierungsagenturen, Studierenden sowie Wirtschafts- und Sozialpartnern entwickeln,
  • ein neues, jährlich stattfindendes „European Degree Forum“ soll Orientierungshilfen geben und die Fortschritte überwachen. An diesem Forum sollen sich die oben genannten Akteure beteiligen.
  • neue Erasmus+-Unterstützung für Projekte zur Erlangung eines europäischen Hochschulabschlusses soll bereitgestellt werden. Das neue Programm Erasmus+ soll Hochschuleinrichtungen bei der Gestaltung gemeinsamer Studiengänge, die zu einem europäischen Abschluss führen, unterstützen.

Nächste Schritte: Die vorgeschlagenen europäischen Kriterien als Basis für den EU-Abschluss müssen nun vom Rat im Rahmen der Annahme der Ratsempfehlung zu einem europäischen Qualitätssicherungs- und Anerkennungssystem (s. u.) angenommen werden. Danach soll der „European Degree Policy Lab“ Umsetzungsleitlinien entwickeln. Die Mitgliedstaaten können sodann eine der zwei Einstiegsoptionen auswählen (Gütesiegel oder europäischer Abschluss) und beginnen, den europäischen Abschluss als zusätzliche neue Qualifikation in ihre nationale Gesetzgebung zu integrieren.

Eine Kurzübersicht zum europäischen Abschluss finden Sie zudem hier.

Ratsempfehlung zu einem europäischen Qualitätssicherungs- und Anerkennungssystem

Ziel der Ratsempfehlung ist es, die oft langwierigen und kostspieligen Qualitätssicherungsprozesse für transnationale Studiengänge weiter zu vereinfachen. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten und Hochschuleinrichtungen deshalb u. a. dazu auf:

  • ihre Qualitätssicherungsprozesse und -praktiken zu vereinfachen und zu verbessern,
  • ein institutionenübergreifendes Qualitätssicherungskonzept für Allianzen von Hochschuleinrichtungen zu entwickeln,
  • Programme oder kombinierte Ansätze zur externen Qualitätssicherung flexibler zu gestalten,
  • die Grundlagen für einen europäischen Abschluss zu schaffen,
  • die automatische Anerkennung von Abschlüssen zu realisieren.

Ratsempfehlung zu attraktiven und nachhaltigen Laufbahnen in der Hochschulbildung

Ziel der Ratsempfehlung ist es, engagierte und qualifizierte Lehrkräfte für den europäischen Abschluss sicherzustellen. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten deshalb u. a. dazu auf:

  • die vielfältigen akademischen Aufgaben, einschließlich innovativer und effektiver Lehre, zu fördern und anzuerkennen,
  • die Einhaltung von Tarifverträgen, einen wirksamen sozialen Dialog und die Autonomie der Sozialpartner zu fördern und unterstützende Maßnahmen zu ergreifen, damit die Hochschulen attraktive und wettbewerbsfähige Arbeitsbedingungen bieten, in denen das akademische Personal unterstützt wird,
  • die Mitgliedstaaten eine stärker faktengestützte Politikgestaltung betreiben, die darauf abzielt, wettbewerbsfähige Bedingungen im akademischen Bereich zu schaffen.

Nächste Schritte: Die beiden Vorschläge für Ratsempfehlungen müssen nun vom Rat angenommen werden. Es handelt sich jeweils um ein rechtlich nicht bindendes Instrument. Insbesondere die in Annex II aufgelisteten europäischen Kriterien der Ratsempfehlung zu einem europäischen Qualitätssicherungs- und Anerkennungssystem bilden jedoch die Basis für einen europäischen Abschluss.

Bewertung: Die Idee eines gemeinsamen europäischen Abschlusses ist nicht neu. Bereits in der EU-Hochschulstrategie aus dem Jahr 2022 hat die Kommission angekündigt, auf einen gemeinsamen Abschluss von Hochschulen aus unterschiedlichen europäischen Ländern hinzuarbeiten und dafür in einem ersten Schritt europäische Kriterien für die Vergabe eines „European Degree Labels“ zu entwickeln. Das nun vorgelegte Hochschulpaket baut somit auf den bereits europaweit etablierten Bachelor- und Masterabschlüssen auf und erweitert die Möglichkeiten um einen gemeinsamen Abschluss von Hochschulen aus unterschiedlichen Ländern des Europäischen Bildungsraums. In Deutschland wird die Einführung eines „European Degree Labels“ aktuell auch durch die Überarbeitung der sogenannten Musterrechtsverordnung für die hochschulische Akkreditierung erleichtert. Damit soll die Qualitätssicherung zukünftig auch auf Programme mit gemeinsamem Abschluss („Joint Degree“) oder einem Doppel- oder Mehrfachabschluss („Double/Multiple Degree“) ausgeweitet werden. Für Arbeitgeber kann ein gemeinsamer europäischer Abschluss besondere internationale Qualifikationen eines Bewerbers oder einer Bewerberin sichtbar machen. Auch kann ein solches Angebot Europa als Zielort für talentierte Studierende attraktiver machen.

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