Der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung ("Weiterbildungsgesetz"), BT-Drs. 20/6518 wurde in 2./3. Lesung vom Bundestag entsprechend der Beschlussempfehlung des federführenden Bundestagausschusses für Arbeit und Soziales (BT-Drs. 20/7409) beschlossen.
Im Vergleich zum Gesetzentwurf ergeben sich folgende wesentliche Anpassungen:
- Förderung von Aufstiegsfortbildungen der ersten Stufe durch das Qualifizierungsgeld (§ 22 Abs. 1a SGB III-E)
Künftig dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vor dem 1. April 2028 eine Maßnahme beginnen, die auf einen Fortbildungsabschluss zu öffentlich-rechtlich geregelten Prüfungen auf Grundlage des § 53b des Berufsbildungsgesetzes oder des § 42b der Handwerksordnung (Berufsspezialisten, erste Stufe der Aufstiegsfortbildung) vorbereitet, nach § 82a SGB III durch das Qualifizierungsgeld gefördert werden.
- Mobilitätszuschuss für zwei Familienheimfahrten (§ 116 Abs. 2 SGB III-E)
Der Mobilitätszuschuss soll von einer auf zwei Familienheimfahrten erhöht werden.
- Weiterbildungsförderung Beschäftigter Anpassungen bei den Betriebsgrößen (§ 82 Abs. 2 SGB III-E)
Eine Reduzierung der Staffelung nach Betriebsgrößen hat erneut Eingang in den Gesetzentwurf gefunden. Folgende Änderungen sind vorgesehen:
Förderung der Lehrgangskosten:
- 100 % bei Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten
- 100 % bei Betrieben mit weniger als 500 Beschäftigten, wenn der Arbeitnehmer das 45. Lebensjahr vollendet hat oder schwerbehindert ist
- 50 % bei Betrieben mit mindestens 50 und weniger als 500 Beschäftigten
- 25 % ab 500 Beschäftigten
Arbeitsentgeltzuschüsse:
- 75 % bei Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten
- 50 % bei Betrieben mit mindestens 50 und weniger als 500 Beschäftigten
- 25 % bei Betriebe mit 500 Beschäftigten oder mehr
- Hybride und Digitale Sitzungen von Selbstverwaltungsorganen
Die neue Regelung in § 64a SGB IV legt den rechtlichen Rahmen fest, in dem hybride und vollständig digitale Sitzungen von den Selbstverwaltungsorganen durchgeführt werden können. Eine Ausnahme gilt für konstituierende Sitzungen: Diese können nur als reine Präsenzsitzungen durchgeführt werden. Vollständig digitale Sitzungen sollen nur in außergewöhnlichen Notsituationen und in besonders eiligen Fällen möglich sein. Die bei hybriden oder digitalen Sitzungen zugeschalteten Organmitglieder gelten als anwesend. In hybriden und digitalen Sitzungen sind Wahlen und Abstimmungen möglich. Die Art und Weise der Stimmabgabe (z.B. Handheben, elektronische Abstimmung durch Abstimmflächen) regelt die Selbstverwaltung in der Satzung. Der neue § 64a SGB IV soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.
Das geplante Inkrafttreten des Qualifizierungsgeldes und der Reform der Weiterbildungsförderung ist auf den 1. April 2024 gerückt. Beides war ursprünglich bereits für 1. Dezember 2023 geplant. Die Verlängerung von § 106a SGB III soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten ebenso wie die Regelungen zu den Sitzungen der Selbstverwaltungsorgane. Die Förderinstrumente im Bereich Ausbildung sollen zum 1. April 2024 und die Regelungen zur außerbetrieblichen Berufsausbildung weiterhin wie geplant zum 1. August 2024 in Kraft treten.
Bewertung:
Durch die Ermöglichung der Förderung von Aufstiegsfortbildungen der ersten Stufe durch das Qualifizierungsgeld erfolgt eine nicht gerechtfertigte Kostenverschiebung von der steuerfinanzierten Förderung auf der Grundlage des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) zur Weiterbildungsförderung durch die Arbeitslosenversicherung. Eine Förderlücke bestand nicht, da eine AFBG-Förderung sichergestellt war. Es ist nicht zu erwarten, dass Maßnahmen der ersten Fortbildungsstufe eine hohe Relevanz in der Weiterbildungsförderung erlangen, dennoch erfolgt damit eine Besserstellung von Beschäftigten, die die engen Fördervoraussetzungen des Qualifizierungsgeldes erfüllen, gegenüber denjenigen, die sich individuell für eine Aufstiegsfortbildung entscheiden und nach dem AFBG keinen Lohnersatz erhalten, sondern höchstens eine Unterstützung zum Unterhalt, wenn sie einen entsprechenden Bedarf nachweisen können.
Die Ausweitung der Mobilitätsförderung von Auszubildenden von einer Familienheimfahrt auf zwei Familienheimfahrten wird voraussichtlich keinen zusätzlichen Effekt haben, ist aber als verstärktes Signal zu verstehen, dass Mobilität auf dem Ausbildungsmarkt ein wichtiges Anliegen ist.
Die Reduzierung der Staffelung nach Betriebsgrößen und die für alle Betriebsgrößen ausgeweitete Weiterbildungsförderung ist dahingehend richtig, dass sie sich vorrangig an kleine und mittlere Unternehmen richtet.
Die dauerhafte Ermöglichung von hybriden und digitalen Sitzungen der Selbstverwaltungsorgane, die auch Online-Abstimmungen mit einschließt, wird begrüßt und entspricht einer BDA Forderung. Die Vereinbarkeit von Beruf, Privatleben und Ehrenamt ist wichtig, um auch zukünftig Menschen für die ehrenamtliche Selbstverwaltung zu gewinnen. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen gewinnt auch ein reduziertes Dienstreiseaufkommen durch Videokonferenzen mit Blick auf Energieeinsparung und Klimaschutz an Bedeutung. Bedauerlich ist, dass der Gesetzgeber die rein digitale Sitzung unter den Vorbehalt der „außergewöhnlichen Notsituation“ bzw. der „besonders eiligen Fälle“ gestellt hat und nicht auch den Satzungen der Selbstverwaltungsorgane überlassen hat.
Das spätere Inkrafttreten von Qualifizierungsgeld und Reform der Weiterbildungsförderung gibt der Bundesagentur für Arbeit ausreichend Zeit für die Umsetzung.
Das Gesetz ist nicht zustimmungsbedürftig. Der Bundesrat wird voraussichtlich am 7. Juli 2023 beschließen. Über den weiteren Verlauf des Verfahrens werden wir Sie informieren.