11/14/2024

Der veröffentlichte MINT-Herbstreport bestätigt den weiterhin hohen Bedarf an Fachkräften im MINT-Bereich:

  • Über sämtliche Anforderungsniveaus gibt es bundesweit mindestens 191.905 offene Stellen in MINT. Die Arbeitskräftelücke beträgt 209.200 Personen (-26,8 % im Vergleich zum Vorjahr).
  • Der stärkste Bedarf besteht im Facharbeitersegment (109.100), gefolgt von Akademikern (77.700).
  • Die größten Engpässe bestehen in den Energie-/Elektroberufen (68.600), Berufen der Maschinen- und Fahrzeugtechnik (41.500), Bauberufe (30.800), Berufen der Metallverarbeitung (30.300) und IT-Berufen (18.700).
  • Der demografische Ersatzbedarf steigt bei Akademikern in fünf Jahren um 7.900 auf 73.100 und bei Fachkräften um 5.400 auf 271.700.
  • Den 2,53 Mio. erwerbstätigen MINT-Fachkräften über 55 Jahre stehen derzeit nur 1,81 Millionen erwerbstätige MINT-Fachkräfte unter 35 Jahre gegenüber.
  • Der Bericht zeigt auch eine enge Verflechtung von Industrie- und Dienstleistungsbranchen: 60 % aller erwerbstätigen MINT-Akademikerinnen und MINT-Akademiker sind in der Dienstleistungsbranchen beschäftigt.

Schwerpunktthema in diesem Jahr war die Bedeutung von MINT-Kompetenzen auf die Innovationsfähigkeit:

  • Länder/Regionen mit hohem Anteil MINT-Beschäftigten sind langfristig deutlich innovativer/wirtschaftlich erfolgreicher als andere.
  • In Deutschland haben Branchen mit hohem Anteil an Erwerbstätigen mit MINT-Qualifikation auch hohe Innovationsausgaben: Fahrzeugbau (57,5 Mrd. Euro), Elektroindustrie (21,7 Mrd. Euro), EDV/Telekommunikation (20,9 Mrd. Euro), Chemie/Pharma (19,9 Mrd. Euro), Maschinenbau (17,2 Mrd. Euro).
  • Ca. drei Viertel der Fachkräfte, die in Forschung und Entwicklung tätig sind, haben eine MINT-Qualifikation; der Mangel an MINT-Fachkräften ist belastend für die Innovationsaktivitäten.
  • Deutschlands Innovationskraft droht durch den Mangel an MINT-Fachkräften zu sinken; das künftige Angebot an MINT-Fachkräften ist durch die demografische Entwicklung und sinkende MINT-Kompetenzen belastet.
  • Andere Länder (Japan, Korea) verfügen über bessere/stabilere MINT-Kompetenzen oder haben eine deutlich günstigere demografische Ausgangslage (USA, Frankreich). 

Ausgewählte Ergebnisse im Einzelnen:

MINT-Nachwuchs:

  • Die Anzahl der Studienanfängerinnen und -anfänger in MINT ist deutlich gefallen von 198.000 (2016) auf 179.500 (2023); bei Ingenieurwissenschaften und Informatik Einbruch um 23,2 %, besonders stark ausgeprägt ist der Rückgang bei deutschen Studienanfängerinnen und -anfängern.
  • 2012 bis 2022 ist der Anteil leistungsstarker Jugendlicher in Mathematik von 17,5 % auf 8,6 % gesunken, der Anteil der leistungsschwachen Jugendlichen von 17,7 % auf 29,5 % gestiegen.

Frauen in MINT:

  • Der Anteil der Frauen in MINT-Berufen ist von 13,8 % auf 16,3 % gestiegen (2012 – 2024); die Anzahl der Frauen in MINT-Berufen hat in dieser Zeit um 34 % zugenommen (875.100 auf 1.172.300).
  • In Ostdeutschland (ohne Berlin) ist der Anteil mit 16,9 % höher, hat sich aber seit 2012 (16,5 %) kaum verändert, in Westdeutschland ist er von 13,2 % auf 16,0 %  gestiegen.

Ältere:

  • Der Anteil der MINT-Beschäftigten im Alter ab 55 Jahren ist seit 2012 deutlich von 15,1 % auf 22,7 % gestiegen, die Erwerbstätigkeit von MINT-Akademikerinnen und MINT-Akademikern ab 55 Jahren allein zwischen 2011 (448.800) und 2021 (731.800) um 63 %; sie ist fast so stark gewachsen wie bei unter 35-Jährigen (577.200 - 962.500).
  • Durch Zunahme der „Verbleibsquote“ von 66,7 % (2014) auf 96 % (2024) konnten rund 80.100 zusätzliche MINT-Beschäftigte im Alter ab 63 Jahren gewonnen werden.

Ausländische Beschäftigte:

  • Das MINT-Beschäftigungswachstum von ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist überproportional hoch (überwiegend Akademiker aus Drittstaaten)
  • wäre die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern seit Ende 2012 nur in der geringen Dynamik wie Beschäftigung von Deutschen gestiegen, würde die Fachkräftelücke heute um 455.000 Personen höher ausfallen und damit einen Wert von rund 700.000 MINT-Kräften erreichen.
  • Zwischen 2012 und 2024 hat die Beschäftigung ausländischer MINT-Arbeitskräfte in akademischen Berufen um 219,9 % zugelegt, mit rund 222.700 Beschäftigten besteht ein Rekordhoch seit Beginn der Aufzeichnungen; 2021 waren 20,6 % der erwerbstätigen MINT-Akademikerinnen und MINT-Akademiker selbst zugewandert
  • Seit 2012 ist die Anzahl der Inderinnen und Inder in akademischen MINT-Berufen von 3.750 auf 32.100 gestiegen (757 %);

Empfehlungen:

  • MINT-Bildung in der gesamten Bildungskette verbessern: Forschergeist und Neugierde für mathematische Zusammenhänge / Naturphänomene müssen bei allen Schülerinnen und Schülern frühzeitig geweckt werden (klischeefrei!). Dazu müssen die frühkindliche Bildung gestärkt, der Ganztag besser genutzt und die Möglichkeiten der Digitalisierung sinnvoll im Unterricht eingesetzt werden.
  • Kooperationen an Schulen stärken: außerschulische MINT-Akteure wie Science Center, Schülerlabore etc. einbeziehen; Betriebe können MINT in Anwendung erklären z. B. im Rahmen von Patenprogrammen, Praktika (für Lehrer und Schüler!)
  • Fachkräftemangel bei Lehrkräften entgegenwirken: Wertschätzung der Lehrerbildung steigern, zeitgemäße Unterrichtsmethoden (Digitalisierung!), Potenzial von Zugewanderten nutzen (auch Ein-Fach-Lehrkräfte), Seiten- und Quereinstieg qualitativ sichern, regelmäßige Fortbildung und Aufstiege ermöglichen
  • alle vorhandenen Potenziale insbesondere bei Frauen, Zugewanderten und Ältere heben 
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