04/17/2025
Die BDA begrüßt ausdrücklich, dass sich Union und SPD schnell auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben. Diese Geschwindigkeit muss sich allerdings zukünftig auch im Regierungshandeln widerspiegeln. Deutschland muss schneller, besser und wettbewerbsfähiger werden. Die Herausforderungen sind groß – wirtschaftlich und geopolitisch.
Die Arbeitgeber begrüßen die Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes. Die neuen geopolitischen Herausforderungen erfordern ein robustes Auftreten. Aus Sicht der Wirtschaft ist es richtig, dass Energiepreise und Steuern für die Unternehmen gesenkt, ein InvestitionsBooster in Form einer degressiven Abschreibung eingeführt und die Grundsicherung grundsätzlich neu ausgerichtet werden sollen. Die Pläne zum Bürokratieabbau können – wenn in dieser Form umgesetzt – ein echter Game-Changer für unser Land sein. Diese Punkte sind richtige Schritte zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und zur Sicherung der Beschäftigung in Deutschland. Alle Ansätze für Reformen müssen zügig angegangen werden. Die Arbeit an der Wirtschaftswende duldet keinen Aufschub.
Schwieriger ist die Bewertung in den Kernbereichen der Zuständigkeit der BDA: Problematisch ist u. a., dass die Koalition keine Strukturreformen in den Sozialversicherungssystemen angeht. Im Bereich der Rentenversicherung sieht der Koalitionsvertrag sogar milliardenschwere zusätzliche Ausgaben durch die Sicherung des Rentenniveaus und die Verbesserung der Mütterrente vor. Im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung bestehen Leerstellen in Bezug auf dringend notwendige Reformen. Die Folge wird sein, dass die Sozialbeiträge weiter steigen. Damit werden die Beschäftigten in den kommenden Jahren weniger Netto vom Brutto in der Brieftasche haben und die Bruttoarbeitskosten für die Unternehmen weiter steigen. Zudem gibt es eine Reihe von Detailregelungen in vielen Bereichen, die erst im Verlauf zu bewerten sein werden.
Dass sich die neue Koalition zur Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission bekennt, ist gut. Gleichzeitig wird in öffentlichen Äußerungen eine Zielgröße gesetzt, die der Vertrag ausdrücklich nicht verbindlich regelt. Das passt nicht mit unserem Verständnis von Unabhängigkeit zusammen. Jede politische Einmischung in die Arbeit der Mindestlohnkommission ist ein Angriff auf die Tarifautonomie und richtet sich gegen die vom Grundgesetz geschützte Sozialpartnerschaft. Es macht auch wenig Sinn, die Beschaffungsregeln allgemein vereinfachen zu wollen und dann mit dem Vergabegesetz des Bundes das Gegenteil zu machen.
Es sollte ein schlanker Vertrag werden – mit 144 Seiten ist das offenkundig nicht vollständig gelungen. Der Koalitionsvertrag ist für vier Jahre angelegt. Der Koalition muss klar sein, dass man eine Legislaturperiode nicht in einen Vertrag pressen kann. Allein in den wenigen Wochen der Verhandlungen hat sich die Welt derart verändert, dass völlig neue Herausforderungen auf dem Tisch liegen. Sollten sich die Umstände ändern, müssen die Koalitionäre den Vertrag neu bewerten, ggf. neu verhandeln. In den heutigen volatilen Zeiten ist Anpassungsfähigkeit und Flexibilität gefragt – auch von der neuen Bundesregierung.