10/24/2025

Die Ergebnisse im Einzelnen:

In Mathematik verfehlen insgesamt knapp 9 % den Mindeststandard für den Ersten Schulabschluss (Hauptschulabschluss), 34 % den Mindeststandard für den Mittleren Schulabschluss (MSA). 24% der Schülerinnen und Schüler, die den MSA anstreben, verfehlen die MSA-Mindeststandards (plus 9% seit 2018), 10 % in Biologie (plus 5%), 25 % in Chemie (plus 9%), 16 % in Physik (plus 7%). Diese Anteile sind also gestiegen und insbesondere in Mathematik und Chemie deutlich zu hoch.

Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind 2024 weiterhin groß. Deutlich bessere Werte als im Bundesschnitt erreichen in allen vier Fächern: Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen. In den Naturwissenschaften sind es zudem Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die geringsten Werte in allen vier Fächern erreichen Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland.

Auch das Interesse am Fach ist deutlich zurückgegangen: In Mathematik, Chemie und Physik geben über die Hälfte der Jugendlichen an, nur geringes Interesse zu haben. Zudem hat sich ihr Selbstkonzept verschlechtert und damit die Lernmotivation. Zum Teil wird der Mathematikunterricht 2024 als weniger strukturiert und störungsintensiver wahrgenommen als 2018. 

Der Anteil der Lehrkräfte mit Quereinstieg ist zuletzt deutlich gestiegen, so in Biologie auf 17,4 %, in Chemie und Physik auf 21 und 24 %, in Mathematik sind es 12 %. Kompetenznachteile zeigen sich bei Schülerinnen und Schülern, die fachfremd unterrichtet wurden, vor allem dann, wenn sie mit ungünstigen Startbedingungen in die Schule kommen.  

Jugendliche aus Familien mit geringerer Bildung, Zuwanderungs- oder Fluchthintergrund erreichen weiterhin deutlich niedrigere Kompetenzwerte – teils um mehr als 40 Punkte, dies entspricht einem halben Schuljahr. Die Heterogenität der Schülerschaft durch Zuwanderung ist seit 2018 um 7% gestiegen: Knapp 40% der Neuntklässler in Deutschland haben Zuwanderungshintergrund. 13,2 % sind im Ausland geboren (1. Generation), 13,8 % schon in Deutschland (2. Generation), 11 % sind nicht zuzuordnen. 5% in Klasse 9 sind Geflüchtete. Die Leistungsunterschiede 2024 lassen sich zu einem bedeutsamen Anteil auf das durchschnittlich geringere sozioökonomische und kulturelle Kapital der Familien zurückführen. Zusätzlich tragen Unterschiede in den Deutschkenntnissen der Jugendlichen zur Erklärung bei. Das Kompetenzniveau der geflüchteten Neuntklässler ist im Schnitt geringer ausgeprägt als das von Zugewanderten ohne Fluchterfahrung. Dies hat zum Teil ebenfalls mit Unterschieden in den Deutschkenntnissen zu tun.

60 - 70 % der Lehrkräfte trauen sich zu, digitale Medien didaktisch gewinnbringend im Unterricht einzusetzen, knapp 20 % fürchten hohen Aufwand. Tatsächlich werden digitale Medien nur begrenzt im Unterricht eingesetzt und das Potenzial ist nicht ausgeschöpft. Laptops und Tablets dienen vor allem dem Üben und Vertiefen fachlicher Inhalte und Fertig­keiten. Die Schülerin­nen und Schüler nehmen dagegen wenig Anregung und Motivation durch digitale Medien im Unterricht wahr.

Wenn Schülerinnen und Schüler ihren Mathematikunterricht als unterstützender erleben als der Durchschnitt ihrer Mitschüler/innen, dann weisen sie auch höhere mathematische Kompeten­zen, ein höheres fachbezogenes Selbstkonzept und Interesse sowie eine geringere Mathematikangst auf. Ebenso zeigen sich positive Effekte einer störungs­armen Lernumgebung. Auch ein besonders kognitiv aktivierendes Unterrichten erhöht die mathemati­schen Kompetenzen deutlich.

Emotionale Probleme haben zugenommen: 17% der Jugendlichen insgesamt und 27% der Mädchen berichten von emotionalen Problemen. 

Positiv ist, dass Schülerinnen und Schüler sich weiterhin sozial eingebunden fühlen. Auch Geflüchtete fühlen sich mehrheitlich gut aufgenommen. Die befragten Lehrkräfte zeigen insgesamt hohe Zufriedenheit und Enthusiasmus für ihren Beruf, insbesondere auch mit Seiteneinstieg.

Der Bildungstrend des Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) 2024 basiert auf einer repräsentativen Stichprobe von 48.279 Schülerinnen und Schülern aus 1.556 Schulen in allen 16 Bundesländern. Die Studie überprüft das Erreichen der Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz und erlaubt eine Trendanalyse über die Jahre 2012, 2018 und 2024. 

Bewertung:

Der IQB-Bildungstrend zeigt einmal mehr den dringenden Handlungsbedarf im Schulbereich. Diesmal sind alle Schülerinnen und Schüler in den Leistungen zurückgefallen. Sowohl Schulqualität als auch Bildungsgerechtigkeit sind nach wie vor nicht gegeben. Insbesondere die MINT-Fächer sind für den Wirtschaftsstandort Deutschland aber von entscheidender Bedeutung.

Bessere Schülerleistungen ergeben sich bei einem anregenden und motivierenden Unterricht durch unterstützende Lehrkräfte. Die Verbesserung der Unterrichtsqualität ist daher ein zentraler Ansatzpunkt. Dafür ist eine wirksame Aus- und Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer gefragt. Funktionierende Unterrichtskonzepte müssen allen Lehrkräften zur Verfügung stehen. Die systematische Qualitätsentwicklung des Unterrichts muss in den Schulen gelebt werden. Schulleitungen und Schulaufsicht sollten dieses Thema gezielt angehen bzw. intensivieren. Zur Anregung gehört auch ein gezielterer Einsatz digitaler Medien. Dem mangelnden Interesse der Jugendlichen am Fach kann ein praxisnahes Lehren und Lernen abhelfen, das konsequent die Bezüge zur Lebenswelt der Jugendlichen zeigt.

Für die Leistungen der Jugendlichen mit Zuwanderungshintergrund zeigt sich wiederum die Sprachförderung als entscheidend. Diese muss früh einsetzen und auch in der weiteren Schullaufbahn eine durchgehend größere Rolle spielen als bisher. 

Die Bildungspolitik muss zeigen, dass sie den Handlungsbedarf ernst nimmt, die Verbindlichkeit der Bildungsstandards sichert und die Qualitätsverbesserung in den Schulen vorantreibt.   

https://www.iqb.hu-berlin.de/de/schule/sekundarstufe-i/bildungstrend/2024/

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